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Liebeserklärung an Essener Stadtbäume

Kirchenkreis und Gemeinden würdigen 16 Baumpflanzungen

16 ausgewachsene Jungbäume – Linden, Eichen, Hainbuchen – hat die Evangelische Kirche in Essen vor der Säge bewahrt und in zehn Stadtteilen eine neue Heimat gegeben. Auf dem Gelände der Baumschule Schmitz in Kaarst am Niederrhein aufgewachsen, wären sie ansonsten einer Strukturmaßnahme – dem Bau einer neuen Stromtrasse – zum Opfer gefallen. Stattdessen werden sie ihren Schatten zukünftig neben Kirchen und Kindertagesstätten, vor Gemeindezentren und auf Friedhöfen spenden.

Am 25. April, dem Internationalen Tag des Baumes, wurden die in Essen gepflanzten Bäume mit einer Andacht von Superintendentin Marion Greve und Fürbitten, Poesie und Musik, Gastgeschenken und Segensworten auf dem Innenhof an der Reformationskirche in Rüttenscheid begrüßt. Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Kirchengemeinden zeigten Fotos, berichteten von der Ankunft der Bäume und trugen Lyrisches von Rose Ausländer bis Heinz Erhardt vor: Gedichte, in denen Bäume eine wichtige Rolle spielen. Die „Gießkannenheld*innen“ der Ehrenamt Agentur Essen übergaben der Kirchengemeinde einen weiteren Wassertank, aus dem alle Stadtbäume in den umliegenden Straßen mit Wasser versorgt werden können; engagierte Anwohnerinnen und Anwohner werden dabei helfen. Uwe Peters von den Baumschulen Schmitz hatte für alle Teilnehmenden Äpfel im Gepäck.

Julia Jacob, Erste Bürgermeisterin der Stadt Essen, bedankte sich beim Kirchenkreis Essen für die Baumpflanzungen; die Initiative „Gemeinsam für Stadtwandel Essen“ hob die ökologische Bedeutung von Stadtbäumen hervor und bat die Bürgerinnen und Bürger, sich für ihren Erhalt einzusetzen. Nachfolgend dokumentieren wir die Begrüßung und die Andacht der Essener Superintendentin:

BEGRÜSSUNG

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Jacob, liebe Baumliebhaber*innen!

Herzlich willkommen am Internationalen Tag des Baumes an der Reformationskirche – für die Bäume ein guter Tag, weil nach vielen trockenen Tagen es aus Sicht der Bäume ENDLICH mal wieder geregnet hat.

Noch vor Ostern haben wir als Evangelische Kirche in Essen 16 ausgewachsene Jungbäume – Linden, Eichen, Hainbuchen – vor der Säge gerettet und ihnen in zehn Essener Stadtteilen eine neue Heimat gegeben. Sie sind allesamt auf dem Gelände der Baumschule Schmitz in Kaarst am Niederrhein aufgewachsen. Ich bin wirklich froh, dass der große ökologischer Wert der Bäume erhalten bleibt. Denn sie wären ansonsten einer Strukturmaßnahme – dem Bau einer neuen Stromtrasse – zum Opfer gefallen.

Das ganze Projekt ruht auf der wunderbaren Kooperation zwischen der Baumschule und unserem Kirchenkreis – der Kontakt kam über einen befreundeten Kollegen zustande, der uns beide zusammenbrachte.

In unseren Essener Gemeinden werden die Bäume in Zukunft blühen. Einzelne Gemeindevertreter:innen sind heute dabei, andere lassen unsere Runde hier, wie Pfarrer Baltes aus Heidhausen, herzlich grüßen.

Mit den Baumpflanzungen machen wir als Evangelische Kirche unser Jahresthema sichtbar: „Schöpfung bewahren“, „Nachhaltigkeit“ und „Klimaschutz“. Mit vielen unterschiedlichen Veranstaltungen gehen wir auf die nächste Kreissynode zu: unsere 1. Klima-Synode am 11./12. August 2022.

Und die wird genau hier stattfinden! Deshalb stehen wir auch heute hier an diesem Ort – die Rüttenscheider Gemeinde hat zwei Linden gepflanzt. Lieben Dank an die heutigen Gastgeber:innen: an Pfarrer:in Sabine Grüneklee-Herrmann und Jörg Herrmann und auch an die stellvertretende Presbyteriumsvorsitzende, Helga Siemes-Weibring. Dank auch für die Begleitung heute durch den Küster, Markus Wölki.

Heute, am Internationalen Tag des Baumes, wollen wir alle unsere 16 neuen Essener Stadtbäume offiziell willkommen heißen – mit einer Andacht und Grußworten, Musik und Poesie, Fürbitten und einem Segenswort.

Wie schön, dass Sie, liebe Frau Jacob, als 1. Bürgermeisterin unserer Stadt Essen mit dabei sind! Ebenso freuen wir uns auf Stimmen und Bilder aus den Gemeinden, die den Bäumen neue Heimat gegeben haben – und auf die beiden Grußworte der Initiativen „Gießkannenheld:innen“ und „Gemeinsam für Stadtwandel Essen“. Für die musikalische Gestaltung sorgen der Saxophonist Joël Mozes van de Pol und Amir Nasr, Gitarre.

ANDACHT: LIEBESERKLÄRUNG AN ESSENER STADTBÄUME

+++ „Wer Gott liebt, ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen“ (Psalm 1) +++

Liebe Baumfreundinnen und Baumfreunde,

der Internationale Tag des Baumes heute wird in Deutschland bereits seit 1952 begangen. Das Bewusstsein für den Wert der Bäume ist also da. Sie geben uns Schatten im Sommer und wärmen uns im Winter, produzieren Sauerstoff!

Und dennoch erleben wir, dass das Leben der Bäume und des Waldes in Gefahr ist - angesichts der Klimaveränderung, der längeren trockenen Zeiten und auch der Umweltzerstörung. Ich komme gerade aus einer Urlaubswoche in der Eifel, die zwar herrlich war – und dennoch macht es mich traurig, wenn ich die vielen trockenen, vom Sturm entwurzelten und vom Borkenkäfer angegriffenen toten Bäume sehe.

Schon die Bibel weiß um den großen Schatz der Bäume – unsere jüdischen Glaubensgeschwister feiern sogar ein „Neujahrsfest der Bäume“. Es ist ein kleiner jüdischer Feiertag im Monat Februar, am Ende der Regenzeit in Israel und dem Beginn der Wachstumsperiode. Eine gute Zeit, um Bäume zu pflanzen. So wie wir das bei uns in unserer Klimazone jetzt im Frühjahr tun.

Mit unserer Aktion heute wollen wir dieses Bäume-Pflanzen bewusst feiern – uns freuen an der Vielfalt unserer Mitgeschöpfe – aber auch unseren Teil der Verantwortung bewusst annehmen. Wir wissen um ihren ökologischen Wert – aber auch um ihren spirituellen Wert!

Neben allen nachweisbaren Prozessen der Photosynthese sind Bäume immer auch eine leise Botschaft an uns. „Bäume sind Prediger“, hat der Dichter Hermann Hesse gesagt. Sie erzählen uns wie wichtig es ist, im Unendlichen verwurzelt zu sein, in Gottes weitem Lebens- und Liebesraum Wurzeln zu schlagen.

Jeder Baum ist eine leise Botschaft und Erinnerung an biblische Geschichten und Erzählungen. Er erinnert an Psalm 1, ein altes Weisheitslied, eine alttestamentliche Seligpreisung: „Glücklich ist, wer Freude hat am Gesetz des Herrn und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht. Der ist wie ein Baum gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht, und was er macht, gerät wohl.“

Es gibt diese besondere spirituelle Verbindung zwischen Mensch und Baum. Wer nach dem Willen Gottes fragt, der ist wie ein Baum gepflanzt an den Wasserbächen... Vielleicht ist deshalb das Waldbaden so beliebt, wenn Menschen mit totaler Freude Bäume umarmen. Bäume haben eine stille und leise, aber eindringliche Botschaft. Die Dichterin Rose Ausländer hat die spirituelle Kraft der Bäume in einem Gedicht besungen: „Immer sind es Bäume die mich verzaubern. Aus ihrem Wurzelwerk schöpfe ich die Kraft für mein Lied. Ihr Laub flüstert mir grüne Geschichten. Jeder Baum ein Gebet, das den Himmel beschwört.“

Jeder unserer 16 Stadtbäume verbindet uns auf diese Weise mit dem Himmel: man muss ja nicht gleich versuchen einen Baum zu umarmen, Aber: wer sich im Wald auf einen Baumstamm setzt oder mit beiden Händen den Baum mit seiner Rinde berührt – und nur schaut und lauscht, mit Haut und Haar, der spürt, wie himmlisch das ist: da geht einem das Herz auf! Und man fühlt sich zu Hause, im Einklang mit der Schöpfung und dem Schöpfer. Amen.

Essen, 25. April 2022

Marion Greve
Superintendentin

 

 

 

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