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Nachrichten

Krieg sofort beenden! Waffenstillstand jetzt!

Eindrucksvolle Mahnwache auf dem Kennedyplatz

Mehr als tausend Essener:innen haben am 14. März auf dem Kennedyplatz ein Friedenszeichen zum Leuchten gebracht. In bewegenden und persönlichen Worten schilderten die Redner ihre Eindrücke und Erlebnisse seit Beginn dieses fürchterlichen Krieges, dankten den vielen Helfer:innen für ihre Solidarität und Unterstützung und erinnerten an die Opfer auf beiden Seiten. Redner waren Superintendentin Marion Greve, Dieter Hillebrand vom DGB Stadtverband, Oberbürgermeister Thomas Kufen, Schauspiel-Intendant Christian Tombeil, Johannes Busley von Essen stellt sich quer, Lennart Garnhartner aus der DGB-Jugend und Alexander Schuhmann aus der Evangelischen Jugend Essen. Gemeinsam forderten sie den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, den Krieg sofort zu beenden und einen Waffenstillstand zu verkünden. - Nachfolgend dokumentieren wir die Rede von Superintendentin Marion Greve.

SELIG SIND, DIE FRIEDEN STIFTEN

Selig sind, die Frieden stiften – heißt es in der Bergpredigt Jesu. Ein Aufruf zum Frieden, der schon damals in eine Welt gesprochen wurde, die nicht friedfertig war. Jesus wusste um die Spannungen – und trotzdem hat er Frieden gepredigt, und nicht Krieg! Auch wenn wir daran immer wieder scheitern: Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!

Gleichzeitig erleben wir, wie die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland immer wieder scheitern. Während wir hier stehen, wird weiter gebombt und getötet, weiten sich die russischen Angriffe weiter aus, werden zivile, dicht bewohnte Gebiete terrorisiert und ganze Straßenzüge verwüstet. Werden Kriegsverbrechen begangen. Viele Menschen sterben, junge oder ältere, Männer oder Frauen, vielleicht weil sie sich den Panzern der russischen Armee entgegenstellten, vielleicht weil sie die Nuklearanlagen schützen, vielleicht weil sie anstanden um Brot, weil sie ihr Kind in den Kindergarten brachten, weil sie zu fliehen versuchten, in den nächsten Keller oder das nächste Land.

In jedem Fall und ganz sicher, weil sie Ukrainerinnen und Ukrainer sind und Wladimir Putin ihnen in seinem imperialen Wahn die Humanität abspricht. Weil ihnen keine Menschenrechte, keine Bürgerrechte, keine Selbstbestimmung zustehen sollen. Genau das aber, liebe Bürger:innen, sind die Werte, die für uns als Allianz für Weltoffenheit und Toleranz grundlegend sind! Eine Allianz, die sich 2016 als zivilgesellschaftliches Bündnis gegründet hat – als Reaktion auf die zunehmenden Anfeindungen gegen Flüchtlinge.

Selig sind, die Frieden stiften – Frieden muss also gestiftet, gemacht werden. Das kann nur so gehen, dass die beauftragten Verhandler miteinander im Gespräch bleiben. Ich bin nicht die diplomatische oder politische Besserwisserin – aber ich sehe es durchaus als meine Aufgabe als Superintendentin an, mitten in einer Welt von Gewalt und Auseinandersetzung zu mehr Fantasie für den Frieden aufzurufen.

Ich selbst denke an zwei ukrainische Künstlerfreunde, die Anfang der 2000er Jahre eine Zeit lang in unserem Hause lebten. Ihre religionskritische Kunst war in St. Petersburg verboten – mein Lieblingsbild von Sergej hängt in meinem Büro: es ist die Hirtin, die behutsam ein Schaf in den Armen hält. Heute denke ich: Sie hütet den Frieden – ganz ähnlich so, wie wir es hier gemeinsam bei dieser Mahnwache tun.

Dabei weiß ich, dass viele Essener:innen in Sorge sind. In der Ökumenischen Telefonseelsorge in Essen steigt die Zahl der Anrufe, in denen das Thema Kriegsangst eine Rolle spielt oder sogar der Auslöser für den Anruf ist. Vor allem bei älteren Anrufer:innen, die sich noch an den Zweiten Weltkrieg erinnern, rühren die Ereignisse in der Ukraine an alte Traumata rühren.

Selig sind, die Frieden stiften: Als christliche Kirchen appellieren wir an die politisch Verantwortlichen weltweit, sich mit aller Kraft für militärische Entspannung und deeskalierende Schritte einzusetzen. Aber auch jede und jeder von uns kann etwas tun! Lasst uns denen entgegentreten, die den Frieden in Frage stellen. Lasst uns Feindbilder überwinden, Dialoge führen und Vertrauen schaffen über die Grenzen von Nationen, Kulturen und Religionen hinweg.

Ich bin sehr dankbar für alle, die sich jetzt einsetzen: die vielen Essener:innen, die Hilfsgüter sammeln und auf den Weg bringen oder spontan Geflüchtete unterstützen. Als Kirchen helfen wir mit den Möglichkeiten und Einrichtungen von Diakonie und Caritas. In der Hoffnung auf Gott, der den Frieden herstellt, wo wir es nicht schaffen: Friede sei mit uns allen!

Essen, 14. März 2022

Marion Greve
Superintendentin

STICHWORT: ESSENER ALLIANZ FÜR WELTOFFENHEIT

Die „Essener Allianz für Weltoffenheit, Solidarität, Demokratie und Rechtsstaat – gegen Intoleranz, Menschenfeindlichkeit und Gewalt“ (kurz: „Essener Allianz für Weltoffenheit“) wurde am 29. September 2016 von 14 städtischen Institutionen, Religionsgemeinschaften und Mitgliedsorganisationen als Reaktion auf zunehmende Anfeindungen gegen Flüchtlinge gegründet und versteht sich als breites zivilgesellschaftliches Bündnis, das sich durch öffentliche Aktionen für die Wahrung der Menschenwürde einsetzt.

 

 

 

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