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Über Ängste und Sorgen müssen wir gemeinsam reden

Superintendentin Marion Greve sprach auf einer Kundgebung

„Deutlich entgegentreten muss ich allen, die andere diffamieren, Ängste schüren oder sogar zu Gewalt aufrufen. Über Ängste und Sorgen müssen wir gemeinsam reden - offen, fair und gewaltfrei!“ Auf einer Kundgebung an der Messe Essen hat Superintendentin Marion Greve Gegner wie Befürworter der Corona-Impfung zum Dialog aufgerufen: "Lasst uns also Verantwortung füreinander wahrnehmen und die Pandemie gemeinsam abwenden, lautet mein Appell." Gleichzeitig warnte sie davor, den Umgang mit der Pandemie Verschwörungstheoretikern zu überlassen: "Wer gemeinsame Sache macht mit Corona-Leugnern, stellt unsere Demokratie in Frage", sagte die leitende Theologin des Kirchenkreises Essen. Jeder, der bei ihnen mitlaufe, denke nicht genug an die 675 Essener:innen, die bis heute nach einer Corona-Infektion gestorben seien.

Vor den rund 400 Teilnehmer:innen, die sich auf einem der Parkplätze an der Messe eingefunden hatten, warb Marion Greve erneut dafür, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen: „Für mich gehört es zu meiner Christenpflicht, mich impfen zu lassen – weil ich weiß, dass ich sonst für andere eine Gefährdung bin". Sie höre tagtäglich aus den Essener Kliniken, wie erschöpft die Mitarbeitenden auf den Intensivstationen seien. - Zu der Kundgebung „gegen Leerdenken und rechte Hetze“ hatten die Initiativen "Aufstehen gegen Rassismus" und "Essen stellt sich quer" eingeladen; zahlreiche Organisationen und Einzelpersonen unterzeichneten einen entsprechenden Aufruf im Internet.

DIE REDE DER SUPERINTENDENTIN IM WORTLAUT

Liebe Mitbürger:innen,

die Coronapandemie ist eine Krise. Eine Krise, wie wir sie noch nicht erlebt haben. Als Superintendentin der Evangelischen Kirche werbe ich für dafür, dass wir diese Krise, diese Pandemie als gemeinsame große Herausforderung sehen, in der wir alle Lernende sind. Wir haben Verantwortung füreinander, und werden die Pandemie nur gemeinsam abwehren können.

Gemeinsam durch die Pandemie – das heißt für mich: miteinander reden, zuhören – und manchmal auch schmerzhaft aushalten, wenn wir anderer Meinung sind. „Du sollst anderen Menschen das tun, was du auch selbst von ihnen erwartest“ (vgl. Matthäus 7,12) – so lautet eine „goldene Regel“ in der Bibel. In allen Konflikten – und auch jetzt in der Corona-Pandemie – treten wir ein für Dialog und Verständigung, gegen Hass und Gewalt.

Ob als sogenannte Montagsspaziergänger oder wir, die wir den Corona-Leugnern und Impfverweigerern widersprechen – lasst uns diese Regel erst nehmen: Für jede und jeden muss es möglich sein, die eigene Meinung einzubringen – und es muss möglich sein, die eigene Meinung auf eine Weise zu ändern, die erlaubt, das Gesicht zu wahren.

Deutlich entgegentreten muss ich allen, die andere diffamieren, Ängste schüren oder sogar zu Gewalt aufrufen. Über Ängste und Sorgen müssen wir gemeinsam reden - offen, fair und gewaltfrei, Geimpfte und Ungeimpfte. Ich erlebe, wie Hass und Gewalt oft schon bei der Sprache beginnen – dafür gibt es keine Rechtfertigung, nicht bei Corona und auch nicht sonst.

Lasst uns also Verantwortung füreinander wahrnehmen und die Pandemie miteinander abwenden, lautet mein Appell. Das können wir nur schaffen, wenn wir uns impfen lassen – denn wer sich impfen lässt, schützt sich selbst und andere. Für mich gehört es zu meiner Christenpflicht, mich impfen zu lassen – weil ich weiß, dass ich sonst für andere eine Gefährdung bin. Ich höre tagtäglich aus unseren Essener Kliniken, wie erschöpft die Mitarbeitenden auf den Intensivstationen sind. Es mangelt nicht an Betten, sondern an Personal, das sich um Patient:innen kümmert.

Wer sich bei den sogenannten Spaziergänger:innen einreiht, ignoriert die von der Pandemie erschöpften Helfer:innen – und missachtet die Angst der an Corona erkrankten Menschen, ob in unseren Krankenhäusern oder einer häuslichen Quarantäne. Wer sich einreiht und gemeinsame Sache macht mit Corona-Leugnern, stellt unsere Demokratie in Frage. Jeder, der bei ihnen mitläuft, denkt nicht genug an die 675 Essener:innen, die bis heute nach einer Corona-Infektion gestorben sind. Wer sich dort einreiht, denkt nicht genug an die Angehörigen, die ihre:n Partner:in, ihre Mutter oder ihren Vater oder sogar ihr Kind aufgrund einer Coronainfektion verloren haben.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich stehe heute hier für die Evangelische Kirche, weil ich den Umgang mit der Pandemie nicht den Leugnern und Verschwörungstheoretikern überlassen will. Ich stehe hier stellvertretend für die vielen, die sich impfen lassen – in Essen sind es 76,5 Prozent – und es werden täglich mehr.

Bleiben Sie alle gesund, hoffnungsvoll – und behütet!

Marion Greve
Superintendentin

 

 

 

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