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Essener Schule der Kontemplation feiert zehnjähriges Bestehen
Ein Rückblick von Manfred Rompf
Am 12. Oktober 2012 wurde im Haus am Turm in Essen-Werden die „Schule der Kontemplation Gottes Gegenwart“ (nach einer Umbenennung am 1. Januar 2020: „Essener Schule der Kontemplation“) gegründet – mit dem Ziel, die spirituelle Dimension von Meditation und Kontemplation in der Kirche lebendig werden zu lassen. Jedes Jahr besuchen zahlreiche Menschen die angebotenen Kurse zur Einführung oder für Fortgeschrittene; nicht wenige absolvieren eine Ausbildung und lassen sich als Kontemplationslehrer:innen oder Meditationsbegleiter:innen bestätigen. Anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Essener Schule der Kontemplation hat Pfarrer em. Manfred Rompf für die Jahrestagung einen Rückblick verfasst, den wir im Folgenden wiedergeben.
ZEHN JAHRE ESSENER SCHULE DER KONTEMPLATION
Von Manfred Rompf
Als ich im Januar 1974 zusammen mit meiner Frau die Praxis der Meditation in Verbindung mit dem Zen entdeckte, war es sogleich mein Anliegen, diese spirituelle Übung in der Kirche zusammen mit anderen lebendig werden zu lassen. So begann ich noch im selben Jahr sowohl als Gemeindepfarrer als auch als Synodal-Jugendpfarrer, Einführungsabende und mehrtägige Kurse anzubieten. 1976 gründete ich zusammen mit drei Kollegen den „Arbeitskreis Meditation und geistliches Leben“.
Erste Kurse für Pfarrer:innen und kirchliche Mitarbeitende boten wir ab 1977 in der Evangelischen Akademie Mülheim und auf Schloss Landsberg in Essen-Kettwig an. Ab 1981 konnte ich jedes Jahr ein Pastoralkolleg zu Meditation und Mystik in Rengsdorf organisieren und leiten. Im Dezember 1992 wurde dort das Haus der Stille in Betrieb genommen. Seit 2008 gibt es hier eine Ausbildung zur Geistlichen Begleitung; mit sich daran anschließenden Weiterbildungen unter anderem auch in Kontemplation.
Mein erster Meditationslehrer, Dr. Willi Massa, gründete 1975 das Meditationszentrum in Tholey, Saarland, das dann in die Neumühle in Mettlach-Tünsdorf umzog. Hier habe ich sehr viel gelernt und später auch Kurse geleitet. Im „Ökumenischen Arbeitskreis“ von Willigis Jäger im Haus St. Benedikt in Würzburg – dem ich ab ca. 1987 angehörte – wurde uns aber klar, dass wir eine Schule der Kontemplation brauchen, in der Kontemplationslehrende geschult und bestätigt werden. Und so gründeten wir 1997 unter der Leitung von Willigis Jäger die „Würzburger Schule der Kontemplation“ (WSdK). Willigis Jäger bestätigte mich im Januar 2000 als Kontemplationslehrer; die Würzburger Schule der Kontemplation bestätigte mich im Januar 2003 ebenfalls.
Da Willigis Jäger für den Benediktushof eine eigene Schule – die „Wolke des Nichtwissens“ – gründete, wandelte sich die Würzburger Schule im Januar 2012 in das „Würzburger Forum der Kontemplation e.V.“ (WFdK) um. Als „Forum“ konnten keine Lehrpersonen mehr bestätigt werden. Lehrpersonen der ehemaligen WSdK konnten nun, wie Willigis Jäger, eigene Schulen gründen, die sich wiederum im WFdK verbinden und austauschen konnten.
So entschloss ich mich im Januar 2012, eine eigene Schule mit dem Namen „Schule der Kontemplation Gottes Gegenwart“ zu gründen. Sie sollte ein eigenes Profil der Evangelischen Kirche im Rheinland durch den Mystiker Gerhard Tersteegen aus Mülheim an der Ruhr bekommen. Die Zielsetzung der neuen Schule und die Kriterien zur Bestätigung der Lehrpersonen entsprechen weithin denen der ehemaligen WSdK. Anders als in der WSdK, gibt es aber neben der Bestätigung als „Lehrperson“ nach (mindestens) zehn Jahren in unserer Schule zusätzlich bereits nach (mindestens) fünf Jahren die Bestätigung als „Meditationsbegleiter:in“.
Am 12. Oktober 2012 fand hier im Haus am Turm in Essen die Gründungsversammlung statt. Die Mitgliederversammlung des WFdK bestätigte unsere Schule am 25. Januar 2013 auch formell als „Kontemplationslinie im Würzburger Forum der Kontemplation e.V.“ Auf Wunsch der Mitglieder wurde der Name der Schule mit Wirkung ab dem 1. Januar 2020 in „Essener Schule der Kontemplation“ (ESdK) geändert.
Verwaltungsmäßig war die ESdK seit ihrer Gründung bis 2018 unter dem Programmnamen „Meditation-Kommunikation-Aktion“ an das Evangelische Bildungswerk des Kirchenkreises Essen angeschlossen. In der Mitgliederversammlung am 16. September 2018 formierte sich die ESdK zu einem nicht eingetragenen Verein, bildete einen Vorstand und gab sich eine Satzung, deren Kriterien im Hinblick auf Zielsetzung und Bestätigungen der Gründungskonzeption von 2012 entspricht. Seitdem ist der Verein auch verwaltungsmäßig selbstständig und unabhängig von einer anderen Institution.
Bei der Gründung wurden zwei Kontemplationslehrer und eine Kontemplationslehrerin sowie drei Meditationsbegleiter und eine Meditationsbegleiterin bestätigt, die von mir bereits viele Jahre begleitet worden waren. Nach weiteren Bestätigungen gehören heute 17 Kontemplationslehrer:innen, sieben Meditationsbegleiter:innen und fünf Schüler:innen zur ESdK. In den zehn vergangenen Jahren sind zwei Meditationsbegleiterinnen ausgetreten. Eine Schülerin ist kurz vor ihrer Bestätigung als Meditationsbegleiterin an einer schweren Erkrankung verstorben. Aktuell sind wir 24 stimmberechtigte Mitglieder.
Außer unseren Jahrestagungen gibt es zwei Regionalgruppen, eine weitere ist im Entstehen; sowie einen Lesekreis. Bei Kontakt und Austausch in der ESdK hilft uns die vermehrte Nutzung von Videokonferenzen. Unsere Mitglieder geben teilweise selbst Kurse oder wirken dabei mit und leiten Kontemplationsgruppen. Prof Dr. Petra Freudenberger-Lötz bietet an der Universität Kassel für die Studierenden des Faches Religionspädagogik Meditation und Kontemplation an und hat auch einen Meditationskreis.
Unsere Schule ist Mitglied im WFdK; einige unserer Mitglieder sind dort zusätzlich selbständige Mitglieder. Unser Mitglied Andreas Hambach ist dort im Vorstand, Dr. Johannes Wirths ist im Beirat. Gute Vernetzungen bestehen außerdem mit dem Haus der Stille in Rengsdorf, mit der Ausbildung in Geistlicher Begleitung, mit dem Netzwerk Meditation in der Evangelischen Kirche im Rheinland und dem Netzwerk Meditation und Spiritualität in Westfalen.
Besonders verbunden ist unsere Schule mit dem Programm „Meditation-Kommunikation-Aktion“, das in Essen mehrtägige Kontemplationskurse und weitere Veranstaltungen anbietet, sowie mit dem gemeinsam genutzten Haus am Turm. Alle Mitglieder unserer Schule haben hier Kurse besucht, einige leiten Kurse mit oder geben im Rahmen des Programms inzwischen selbstständig Kurse. Es ist weiterhin wünschenswehrt, dass auch bestätigte Lehrpersonen besonders an den Vertiefungskursen – ein- oder zweimal im Jahr – teilnehmen oder leitend mitwirken bei unseren Veranstaltungen im Haus am Turm, im Haus der Stile in Rengsdorf oder anderswo.
Im Jahresprogrammheft von „Meditation-Kommunikation-Aktion“ hat unsere Schule einen Platz, um dadurch bekannt zu werden. Mitglieder finden dort die Angaben für unsere Jahrestagungen. „Meditation-Kommunikation-Aktion“ war von 1974 bis 1998 organisatorisch an die Evangelische Kirchengemeinde Essen-Kupferdreh und von 1998 bis 2019 an das Evangelische Bildungswerk des Kirchenkreises Essen angeschlossen; als das Bildungswerk aufgelöst wurde, übernahm der Kirchenkreis Essen in den Jahren 2020 und 2021 die Verwaltungsarbeit.
Da sich der Kirchenkreis aus aufgrund von Einsparungen auch dazu nicht mehr in der Lage sah, war schließlich die Kirchengemeinde Essen-Borbeck-Vogelheim mit ihrem Evangelischen Erwachsenenbildungswerk Nordrhein e.V. bereit, die Verwaltung des Programms „Meditation-Kommunikation-Aktion“ zu übernehmen – unter der Vorrausetzung, dass ihr selbst dadurch keine Kosten entstehen und sich dieser Bereich durch Kostenbeiträge und Spenden auch selbst trägt. Wie hoch die Verwaltungskosten sein werden, muss sich noch herausstellen.
Da ich davon überzeugt bin, dass Meditation und Kontemplation auch eine christliche und kirchliche Aufgabe sind, habe ich es bewusst vermieden, einen eigenen Verein zu gründen. Stattdessen habe ich mich immer wieder darum bemüht, diesen Bereich an vorhandene kirchliche Strukturen anzubinden.
Vortrag, gehalten auf der Jahrestagung der Essener Schule der Kontemplation
Haus am Turm, 23. bis 25. September 2022
PDF ⇓ | Jahresprogramm 2023 mit Angeboten der Meditation und Kontemplation
