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Abschied von Steffen Hunder und Gudrun Weßling-Hunder

Ein Porträt

Steffen Hunder setzte sich erfolgreich für den Erhalt der Kreuzeskirche ein und holte die einzigartigen Rizzi-Fenster nach Essen, er ist mehrfacher Buchautor, malt Mandalas und hat sich auch sonst immer wieder mit ungewöhnlichen Aktionen für seine Kirche starkgemacht. In einem Gottesdienst am Pfingstsonntag, 23. Mai, verabschiedet die Evangelische Kirchengemeinde Altstadt ihren langjährigen Pfarrer in den Ruhestand. Eine Woche später, am 30. Mai, folgt die Verabschiedung seiner Ehefrau Gudrun Weßling-Hunder, Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Kettwig.

Wichtige und wertvolle Basisarbeit der Kirche

Gudrun Weßling-Hunder und Steffen Hunder heirateten noch während des Studiums. Nach den Geburten ihrer fünf Söhne und einer Tochter ging Gudrun Weßling-Hunder jeweils in die Elternzeit; danach leistete sie zuerst überwiegend Sonder- und Vertretungsdienste – die Pfarrstelle in Kettwig, die sie vor sechs Jahren antrat, ist formell gesehen deshalb ihre erste. „Diese Rollenverteilung war nicht selbstverständlich. Aber weil ich selbst aus einer großen Familie komme, wollte ich auch selbst eine haben“, erklärt die Theologin. Natürlich war es für Steffen Hunder normal, bei der Kinderbetreuung mitzuhelfen, wenn seine Frau im Einsatz war – Besuche mit dem Kinderwagen im Gemeindeamt und bei der Frauenhilfe der Altstadtgemeinde sind ihm in bester Erinnerung geblieben (und dem Nachwuchs, der sich über die eine oder andere Süßigkeit freuen durfte, sicher auch).

Gleichwohl habe ihr Engagement für die Familie im beruflichen Leben Spuren hinterlassen, wie Gudrun Weßling-Hunder rückblickend meint: „Die Arbeit mit Familien und die seelsorgliche Begleitung der Generationen, ein offenes Ohr zu haben für die vielen kleinen Sorgen und Nöte von Kindern, Jugendlichen und Älteren, der Konfirmandenunterricht mit seinen starken Themen, die vielfältige Gruppenarbeit – diese wichtigen und wertvollen Aufgaben von Kirche, diese sogenannte Basisarbeit, haben meinen Dienst neben den Amtshandlungen stark geprägt.“

Schmerzhafte Entscheidungen

Auch Steffen Hunder leistete Basisarbeit in seiner Pfarrstelle in Altstadt-Mitte; als weitere „berufliche Lebensaufgabe“ kam jedoch bald die Sicherung der Zukunft der Kreuzeskirche hinzu. Die galt in weiten Teilen als marode, sei „nicht mehr zu erhalten“. Ein Gutachten wies nicht darstellbare Kosten für die Renovierung aus. Gleichzeitig machten sich der Mitgliederschwund und ein damit einhergehender Kirchensteuerrückgang bemerkbar. Drei von fünf Gottesdienststätten der Gemeinde, so lautete die Entscheidung der Gemeindeleitung, mussten innerhalb weniger Jahre abgerissen oder abgegeben werden – am Ende traf es, in teils sehr schmerzhaften Entscheidungsprozessen, das Julius-Dammann-Haus, die Gnadenkirche und die Neue Pauluskirche.

Stehengeblieben sind, natürlich, die Auferstehungskirche – eine nach Plänen von Otto Bartning in Essen-Huttrop erstellte Rundkirche und „Leitbau der modernen europäischen Kirchenarchitektur“ – und die Kreuzeskirche. Vollkommen saniert, wirkt der frühere „Arbeiterdom“ heute stilvoll, schlicht und elegant zugleich von innen und außen.

Die Kreuzeskirche als Impulsgeber

Zwar konnte die Kreuzeskirche nicht im Besitz der Kirchengemeinde gehalten werden, doch ist sie nach wie vor Gemeindekirche – und viel mehr noch. Es ist nicht untertrieben, Steffen Hunder als einen der entscheidenden Akteure beim Aufbau eines Netzwerkes zu bezeichnen, dessen wichtigste Knoten die Kirchengemeinde, ein engagierter Baukirchenverein und das Forum Kreuzeskirche waren, der Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft und Politik, aus Stadtgesellschaft und Bundesland zusammenbrachte, Fördergelder sammelte, am Ende auch den Sozial-Unternehmer Reinhard Wiesemann für ein finanzielles Engagement gewann und den Bauunternehmer Rainer Alt als neuen Eigentümer einband.

Gemeinsam erarbeiteten sie in vielen Sitzungen ein nicht unkompliziertes, aber doch tragfähiges und bundesweit einzigartiges Konzept, das die Interessen aller Partner wahrt und heute auch vielen anderen zum Vorbild dient. Mit zwei neuen Kirchenfenstern, die nach Entwürfen des weltbekannten New Yorker Pop-Art Künstlers James Rizzi gefertigt wurden und die Steffen Hunder nach Essen holte, verfügt die Kreuzeskirche zudem über eine weitere Besonderheit mit großer Ausstrahlung – genug Potenzial also, um nicht nur als einsamer Leuchtturm zu dienen, sondern dem Nordviertel der Innenstadt in den kommenden Jahren einige der so dringend benötigten Impulse zur Neu- und Weiterentwicklung zu geben.

Zu Gast bei Kirche sein

„Zu Gast bei Kirche sein“ lautete Steffen Hunders Motto für ein Programm, das schon vor der Sanierung bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens als Vortragende, Diskussionspartner oder Predigende in die Kreuzeskirche führte und – nach Corona – wieder führen wird, das herausragende Kirchenmusik mit akademischen Debatten verbindet und auch immer wieder für ungewöhnliche Gottesdiensterlebnisse gesorgt hat – etwa, als das Ensemble des Musicals „Les Miserables“ samt Autor Victor Hugo für einen Fernsehgottesdienst aus Duisburg in die Kreuzeskirche kam, als die Artisten des GOP Varieté durch den Kirchraum turnten oder Unternehmensgründer Heinz Horst Deichmann eine berührende Kanzelrede hielt.

Aber auch den umgekehrten Weg ging Steffen Hunder immer wieder: Gottesdienste in Diskotheken, in Kinos oder im Straßenbahndepot sorgten für stimmungsvolle Momente. Die „Krimi-Couch“ lockte viele Freunde der Spannungsliteratur regelmäßig ins neu erbaute Gemeindehaus an der Zwingli-Straße und im Diakonie-Restaurant Church gehört Steffen Hunders „Bibel-Dinner“ seit vielen Jahren zum Programm.

Die Zukunft in Kettwig

Und was kommt jetzt? Vor kurzem ist das Pfarrehepaar Gudrun Weßling-Hunder und Steffen Hunder nach Kettwig in ein kleines Haus mit Garten gezogen. Ein schöner Ort, um die Distanz ein wenig wachsen zu lassen, die nachfolgenden Generationen der großen Familie zu begrüßen und die Seele baumeln zu lassen. Gudrun Weßling-Hunder wird durch Wälder und Wiesen joggen, ihr Mann wird die Gegend mit dem Fahrrad erkunden und – er ist seit vielen Jahren auch selbst künstlerisch aktiv – Mandalas malen, „etwas ganz meditatives und ruhiges“.

So ganz bei der Ruhe bleiben wird es aber nicht, und das ist ja auch gut so. Der Alte Bahnhof in Kettwig hat es Steffen Hunder als Kulturort mit Ausstrahlung schon jetzt sehr angetan, erste Kontakte sind geknüpft. Die Krimi-Couch soll dorthin umziehen, nach Corona; hier will er ein weiteres Buch mit Bibel-Krimis vorstellen und einen Mandala-Workshop anbieten. Auch ein großes, begehbares Labyrinth wollte er immer schon einmal errichten... wir werden von ihm hören.

Verabschiedung

Für den ersten Gottesdienst zur Verabschiedung von Pfarrer Steffen Hunder am Pfingstsonntag in der Kreuzeskirche gibt es leider keine Plätze mehr. Am Pfingstmontag, 24. Mai, findet um 11 Uhr auf dem Platz vor dem Zwingli-Gemeindehaus, Zwinglistraße 26, ein weiterer Abschiedsgottesdienst unter freiem Himmel statt; Anmeldungen sind unter Telefon 0201 2205-306 in der Gemeindeverwaltung möglich.

Der Gottesdienst zur Verabschiedung von Pfarrerin Gudrun Weßling-Hunder ist am Sonntag, 30. Mai, um 10.30 Uhr in der Kirche am Markt in Kettwig, Hauptstraße 83; Anmeldungen nimmt das Gemeindebüro unter Telefon 02054 83910 entgegen.

Zur Person: Gudrun Weßling-Hunder

Pfarrerin Gudrun Weßling-Hunder wurde 1957 in Wolfenbüttel geboren, studierte in Bonn und Göttingen Theologie und kam 1984 als Vikarin in die Kirchengemeinde Kray, wo sie ordiniert wurde und als Pastorin im Hilfsdienst tätig war. Während der Elternzeit blieb sie der Kirche als „Pastorin im Ehrenamt“ verbunden, hielt Gottesdienste und leistete Vertretungsdienste in den Kirchengemeinden Altstadt, Frillendorf und Kray.

Im Jahr 2000 ließ sich Gudrun Weßling-Hunder zur Trauer- und Sterbebegleiterin ausbilden; in den folgenden Jahren leitete sie mehrere Trauergruppen und führte zahlreiche Einzelgespräche. 2005, als das älteste von sechs Kindern acht Jahre alt war, übernahm sie eine Sonderdienststelle für Seniorenarbeit in der Kirchengemeinde Schonnebeck, die eigens für sie eingerichtet wurde. Anschließend war sie als Seelsorgerin im Heinrich-Held-Haus, einer Einrichtung des Diakoniewerks Essen für Menschen mit einer geistigen und körperlichen Behinderung, tätig. Nach zwei Vertretungsdiensten in den Gemeinden Bergerhausen und Kettwig wurde Gudrun Weßling-Hunder 2015 in Kettwig zur Pfarrerin gewählt, wo sie für den Bezirk Auf der Höhe und Ickten zuständig war.

Zur Person: Steffen Hunder

Steffen Hunder, geboren in Waldheim in Sachsen und aufgewachsen in Erkrath, ist derselbe Jahrgang wie seine Frau und hat ebenfalls in Bonn und Göttingen studiert. 1985 kam er als Hilfsprediger aus Wuppertal in die Kirchengemeinde Essen-Altstadt und wurde dort ein Jahr später zum Pfarrer im Bezirk Altstadt-Mitte gewählt.

Auf der Ebene des Kirchenkreises war er Beauftragter für die Konfirmanden-, die Männer- und die Ausländerarbeit; seit 1999 ist er zudem Mitglied des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit. Viele Jahre lang arbeitete er aktiv im Arbeitskreis "Kirche und Kultur" mit. Auf landeskirchlicher Ebene leitete Steffen Hunder zeitweilig den Arbeitskreis für die Arbeit mit Ausländern und gehörte dem Arbeitskreis Kirche und Kunst an.

Steffen hat drei Bücher veröffentlicht: "Gottesdienste, die ankommen", "Das Ritual des elften Gebots" mit Bibel-Krimis und zuletzt "Jakob, das Schlitzohr", eine originelle und auch humorvolle Vorstellung biblischer Persönlichkeiten. Anfang September erscheint "Mord am heiligen Ort", ein weiterer Band mit Krimi-Geschichten.

Foto: Kirchenkreis Essen/Alexandra Roth

 

 

 

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